Ich sage es ganz offen: Bei dem Gedanken an die Staaten China und Indien wird mir Angst und Bange. Sprach man 1995 noch selbstverständlich davon, dass die reichen Länder der ersten Welt, die ärmsten Länder der dritten Welt – also die Schwellen- und Entwicklungsländer – immer ärmer machten, so hat sich diese These quasi ins Negativ verkehrt. Wir alle kennen die Auswirkungen, die Offshoring und Outsourcing haben, wie die hiesigen Arbeitsplätze (vorrangig in der Industrie) verlagert bzw. vernichtet werden. Das ist nicht neu, oft nicht gern gesehen, aber in jedem Fall eine logische Konsequenz.
„Wissen ist Macht“ weiterlesenRoger Willemsen und ich
Meinen ersten Kontakt zu Roger Willemsen – und daran kann ich mich nicht mehr gernau erinnern – hatte ich über das Fernsehen. Ich sah den gutgelaunten Lockenkopf nett auf 3sat plaudern und war ob seiner Eloquenz und seiner Unterhaltsamkeit auf der Stelle angetan.
Erst viel später jedoch kam ich ihm näher. So nah zumindest, wie man einem Autor kommen kann: Ich las eines seiner Bücher. Dieses wurde 2002 im Katalog des Eichborn Verlages mit dem Satz angekündigt: „Roger Willemsen entdeckt ein Deutschland, das uns allen bekannt zu sein scheint und deshalb unbekannt zu werden droht“. Es handelt sich um das Buch „Deutschlandreise“. Als ich einige Wochen später mein Rezensionsexemplar in den Händen hielt war meine Erwartung bereits unermesslich gestiegen – und sie wurde während des lesens mitnichten enttäuscht. Geradezu enthusiastisch huldigte ich meinem neuen Freund Roger Willemsen, sprach über ihn und sein Buch in meinem Freundeskreis. Schließlich wurde Deutschlandreise eines meiner absoluten Lieblingsbücher. Ich kann heute ganze Passagen daraus zitieren. „Roger Willemsen und ich“ weiterlesen
Let me be your Freiheitskämpfer.
„Die Freiheit stirbt an ihrer Verteidigung“, wird der von mir sehr geschätzte Thomas Mann gerne zitiert. Und zu oft kommt mir eben jener Aphorismus in den letzten Tagen in den Kopf. Vor einer Woche noch sprachen wir davon, dass – ginge es nach Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble – alsbald jeder Bürger sowohl ein biometrisches Bild, als auch seine Fingerabdrücke mit einem neuen Ausweis in eine Zentraldatei einspeichern soll. Und dank unserer schönen digitalen Datenwelt ist das alles auch ohne Probleme möglich.
Hier vereinigen sich in Tateinheit mit der archetypischen menschlichen Eigenschaft als Jäger und Sammler, virtuelle Welten, technologische Systeme und politische Kontrolleure zu einer fatalen Dreieinigkeit einer sehr konkreten Durchleuchtung. Längst kann – wer kontextuell Orwell erwähnt – in seinem Buch 1984 keine Utopie mehr erkennen. Mit einer Verspätung von 23 Jahren beobachtet uns der Große Bruder schon heute mehr denn je.
Im Namen der Freiheitssicherung wird die gesamte Gesellschaft unter einen kriminellen Generalverdacht gestellt und auf absolut unverhältnismäßige Art und Weise für einen schnellen und kaum kontrollierbaren Zugriff archiviert. Und je rigoroser die angeblichen Sicherheitsrezepte sind, desto qualvoller und effektiver wird die staatlich verordnete Strangulierung unseres im Kern freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates erfolgen.
„Let me be your Freiheitskämpfer.“ weiterlesenBlumfeld. (K)ein Lied mehr.

Seit Ihrer Gründung im Mittelpunkt des Popdiskurses, ist die Hamburger Band um Jochen Distelmeyer derzeit auf ihrer Abschiedstournee. Am gestrigen Abend war ich im eindeutig ausverkauften Künstlerhaus Mousonturm in Frankfurt am Main zu Gast bei Blumfeld. Und es war wirklich schön! Obschon ich Blumfeld quasi von Beginn an sehr schätze handelte es sich am Montagabend (16.04.2007) um mein erstes Blumfeldkonzert.
Zu einer lustigen Zirkusmusik betraten die vier „Matadoren“ Andre Rattay, Lars Precht, Vredeber Albrecht und Jochen Distelmeyer die Bühne um nach einem kurzen Stimmen der Gitarren mit „Drauߟen auf Kaution“ das Konzert mit einem herrlichen Klassiker von „L’etat et moi“ zu beginnen. Zunächst wippt das Publikum zaghaft, steigert sich allerdings bereits bei zweiten Song, nicht zuletzt dank der Animation Distelmeyers zu ekstatischem Mitsingen. Selbstverständlich sind sowohl die coolen Ex-Studi-Typen um die Dreiߟig anwesend. Obwohl auch wesentlich jüngere Fans textsicher dem Kulminationspunkt entgegen singen und gleichermaߟen auf der Empore das Graue Haar wippt. „Blumfeld. (K)ein Lied mehr.“ weiterlesen
Feminismus: Frieden ohne Sinnlichkeit.
Was will das Weib? lautet die berühmte Frage von Sigmund Freud, auf die er nie eine Antwort gab. Man darf annehmen, dass es ihm nicht um die Antwort ging, sondern um sein Frauenbild. Denn allein die Frage entwirft das Bild eines unberechenbaren, faszinierenden Wesens, an dem man ein Leben lang rätselt, und das so anders ist, dass kein Mann es durchschaut – aber dafür um so mehr begehrt.
Hinter diesem Bild steht ein Konzept von Partnerschaft, das auf Unterschiedlichkeit und Spannung zwischen den Geschlechtern setzt, auf eine Erotik, die Seele, Körper und Geist der Geliebten durchdringt. Freuds Frage spielt auf die geheimen Regeln der Liebe an. Die Antwort auf seine Frage wäre deren Tod. Der Feminismus aber hat diese Antwort gefunden. Sie lautet: Das Weib will das Gleiche. „Feminismus: Frieden ohne Sinnlichkeit.“ weiterlesen
Bis neulich, Volker Pispers!
Es dauerte 25 Jahre ihn zu sehen. Als er 1982 mit seinem ersten Kabarett-Programm „Kabarette sich, wer kann“ auf Tour durch Deutschland ging, wurde ich gerade in einem kalten Raum von einer dicken Frau mit noch kälteren Fingern abgenabelt. Jahre gingen ins Land und eines Tages sah ich ihn im Fernsehen, ich glaube im „Scheibenwischer„: Volker Pispers.
Viele Pointen von Ihm haben mich seither zum Schmunzeln und Lachen gebracht. Einige ließen mich auch betroffen Innehalten. Und es ist genau diese Synthese aus purem Spaߟ mit ernstem Nachklang, die ihn für mich so besonders, so liebenswert machen. Gestern, am 10. März 2007, war ich in der Phönixhalle Mainz bei „Bis neulich!“, dem neusten Programm. Nein, so kann man es nicht nennen. Wie für mich gemacht, war es eine Zusammenstellung seiner Lieblingstexte, gewürzt mit reichlich Aktuellem. „Bis neulich, Volker Pispers!“ weiterlesen
Die fetten Jahre sind vorbei

Wenn einem Filmprojekt, einem erfolgreichen zumal, ein Theaterstück gleichen Titels und Inhalts folgt, sind Vorschusslorbeeren garantiert und Kartenvorverkäufe größerer Zahl sicher. Das ist selbstredend mitnichten hinlängliches Urteil über die Qualität des Stückes. Am gestrigen 9. Februar jedoch, sah ich mit Freunden im Staatstheater Mainz „Die fetten Jahre sind vorbei“, eine hervorragende Inszenierung, welche mich diesbezüglich nicht enttäuschte. Nach dem gleichnamigen Kinofilm Hans Weingartners aus dem Jahre 2004, folgt dieses von Gunnar Dreߟler bearbeitete Stück, ganz dem subversiven und globalisierungsgegnerischen Tenor und ist damit einsamer, Theater gewordener Vorwurf gegen das neoliberale Geschwätzs von Hahne, Schirrmacher & Co.
Die Feststellung, dass die Güter der Welt nach wie vor ungleich verteilt sind, mag redundant erscheinen, unwichtig ist sie keineswegs. Zudem ist eine echte Revolution in der Beliebigkeit einer postmodernen, säkularisierten Gesellschaft eher schwieriger geworden. Jan und Peter, beide Mitte 20, haben dennoch ihren Weg gefunden, die Welt zu verbessern. Ihre Einbrüche in die Häuser der Reichen und Schönen stellen die bürgerliche Ordnung symbolisch auf den Kopf; zu Schaden kommt dabei niemand und oberste Maxime ist, dass nichts gestohlen wird. „Die fetten Jahre sind vorbei“ weiterlesen
Halbmond und Hakenkreuz
Am heutigen 29. Januar 2007 war Dr. Martin Cüppers auf Einladung des ASta zu Gast an der Johannes-Gutenberg-Universität zu Mainz und referierte zum Thema „Halbmond und Hakenkreuz – Das Dritte Reich, die Araber und Palästina“. Mit dem Co-Autor Klaus-Michael Mallmann geschrieben, ist in der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft unter gleichem Titel ein umfangreiches Buch mit vielen neuen Quellen erschienen.
Cüppers selbst ist Mitarbeiter der Forschungsstelle Ludwigsburg an der Universität Stuttgart, welche 1958 eingerichtet wurde und die weltweit wohl umfangreichste Aktensammlung zur Unrechtsgeschichte des Dritten Reiches besitzt. Sein Vortrag war dementsprechend umfangreich und fundiert; anschließend gab es die Möglichkeit einer Diskussion, auf die ich später zurückkomme.
Während die Wehrmacht den Zusammenschluss der Afrika- und der Kaukasus-Front in einer Zangenbewegung im Nahen Osten anstrebte, wurden – laut Cüppers – bereits detaillierte Pläne zur Vernichtung der Juden in Palästina ausgearbeitet. Fest einkalkuliert war dabei die Mithilfe der in der Region ansässigen Araber. Martin Cüppers stellte in seinem anschaulichen Referat die Beziehungen zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und dem arabischen Nahen Osten dar, ein Verhältnis, das zwischen rassistischer Ideologie, Politik und Religion genügend Raum für Zündstoff lässt, was in dieser Tragweite bisher kaum erkannt und dargestellt wurde. „Halbmond und Hakenkreuz“ weiterlesen
Tosca

Gerade gesehen: Tosca von Giacomo Puccini (1858 – 1924) in der Oper Frankfurt. Eine schöne Inszenierung; für das Haus nahezu ungewohnt-opulent. In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln konnte man im Melodram mit Floria Tosca und Ihrem Geliebten Mario Caverdossi leiden, die großen Gefühle operngerecht-theatralisch aufbereitet erleben.
Im Rom des Jahres 1800 versucht die schöne Sängerin Floria Tosca (Eszter Sümegi), ihren Geliebten, den Maler Mario Cavaradossi (Francesco Hong), aus den Fängen des brutalen Polizeichefs Scarpia (Lucio Gallo) zu retten. Dieser fordert als Preis von Tosca für die Freilassung des Malers eine gemeinsame Nacht, danach sollen sie und Cavaradossi, vertuscht durch die Scheinhinrichtung des Geliebten, Rom unbehelligt verlassen dürfen. Tosca willigt ein, im Affekt jedoch ersticht sie Scarpia. Sie unterrichtet Cavaradossi davon, dass Scarpia in eine Scheinhinrichtung eingewilligt hat und bittet ihn, nach den Schüssen wie tot zu Boden zu sinken. Als Cavaradossi doch getötet wird, erkennt sie die Infamie Scarpias. Nun ist auch der Mord an ihrem Peiniger Scarpia entdeckt worden und sie stürzt sich verzweifelt in den Tod. „Tosca“ weiterlesen
Berlin-Alexanderplatz
Ich war in Berlin. Und wie Sie sich denken können, habe ich mich in diese große, fremde Stadt verliebt. Dabei kann man die letzten Tage mitnichten unter dem Begriff Traumurlaub subsumieren. Doch meinem Schnupfen und dem feuchten Klima trotzend, berührte mich die Hauptstadt mit jedem Schritt durch sie hindurch mehr, mit jedem besuchtem Ort, jeder Sehenswürdigkeit in einer besonderen Art und Weise. Dabei ist Berlin nicht die schönste der deutschen Städte; hinter den mit Graffiti beschmierten neoklassizistischen Bauten zeigt sich die Anmut selten und sublim. Hier und da schiebt sich ein Plattenbau wie ein Denkmal für sozialistische Wohnplanung, wie eine anachronistische Mahnung, vor die kühlen Fassaden neuer Architektur und zerstört den falschen Eindruck des Fertigen. Hier ist nichts fertig. Alles scheint im Fluss.
Am Freitag kamen wir, mein Freund Chris und ich, am neuen Hauptbahnhof in Berlin-Mitte an und fuhren in unser Hotel – das Park Inn Berlin-Alexanderplatz – welches ich hiermit ausdrücklich empfehle. Nach der reibungslosen Zimmerübergabe brachen wir in die Innenstadt auf und besichtigten das Brandenburger Tor, den Reichstag, das Regierungsviertel, den Potsdamer Platz, Unter den Linden und später den Kurfürstendamm. Am Abend waren wir in Dieter Hallervordens Kabarett-Theater Die Wühlmäuse, in dem Martin Buchholz sein unglaublich komisches und gleichwohl intelligentes Programm „Dialeckt mich am Patriarsch“ zum Besten gab. „Berlin-Alexanderplatz“ weiterlesen
Er lügt wie ein Augenzeuge
Nach einer längeren Pause, in der Sie durchaus viel verpasst haben, möchte ich mich nun wieder regelmäßig an Sie wenden und Ihnen die versprochenen Einblicke und Ausblicke verschaffen. Um ehrlich zu sein: Es hat mir sogar gefehlt.
Neuerdings schreibe ich aus Mainz, der schönen Landeshauptstadt Rheinland-Pfalzes, in der ich – nicht zuletzt für das Studium der Pädagogik – eine Wohnung in der Neustadt nahm und vollständig umzog. Die Neustadt ist ein eher multikultureller Stadtteil, in dem ich bislang gerne lebe und alles Notwendige unweit finde und erreiche.
Dadurch, dass viele meiner Freunde im Rhein-Main-Gebiet leben, hat sich einerseits mein Privatleben äußerst positiv verändert, andererseits bleibt – auch das Studium eingedenk – weniger Zeit für die Arbeit.
Allerdings bin ich nach wie vor bei der Millires Prowler Group Limited angestellt und in meiner eigenen Firma, der feiler.business limited, für zahlreiche interessante Kunden tätig. „Er lügt wie ein Augenzeuge“ weiterlesen
Neurolinguistik: Das Gehirn sieht Wörter
Der Franzose Jules Déjerine formulierte vor mehr als hundert Jahren die Hypothese, nach der das menschliche Gehirn eine eigene Region für das Erkennen zusammenhängender Wortformen besitzt.
Seinem Kollegen Laurent Cohen vom Hôpital de la Salpêtrière in Paris bot sich nun eine seltene Möglichkeit, dies zu überprüfen: Ein Epilepsie-Patient sollte, um sein Leiden zu lindern, am Gehirn operiert und ihm dort Gewebe in der Nähe der sog. „Visual Word Form Area“€œ (nachfolgend VWFA) im hinteren oberen Teil der linken Hirnhälfte entfernt werden.
Zuvor hatten Cohen und seine Kollegen sechs Elektroden an dieser Stelle tief im Gehirn angebracht und den Patienten Wörter lesen lassen. Die Forscher nahmen unterdessen die Zeit, welche der Patient benötigte. Dass diese nicht von der Anzahl der Buchstaben abhängt, bestätigte die bisherige Lehrmeinung, dass das menschliche Gehirn Wörter als Ganzes wahrnimmt.
Sowohl die Elektroden im Gehirn als auch ein Bild aus dem Magnetresonanztomographen zeigten rege Aktivität in der VWFA.
Überraschendes kam nach der Operation zu Tage. Die Neurologen wiederholten dieses Experiment und stellten fest, dass die Lesegeschwindigkeit nun sehr wohl von der Länge der Wörter abhing, sie war auch insgesamt wesentlich langsamer. In der VWFA zeigte ein Magnetresonanzscan keinerlei Aktivität während der Patient las. Offenbar wurde diese Region bei der Operation beschädigt. „Neurolinguistik: Das Gehirn sieht Wörter“ weiterlesen
Verbotene Früchte
Fast unbemerkt hat Jochen Distelmeyer mit seiner Band Blumfeld am 7. April die Single „Tics“€œ aus dem Album „€žVerbotene Früchte“€œ vorab veröffentlicht. Inzwischen Überschlagen sich im Netz die Rezensionen der Platte, die am 28. April allerorten zu erwerben ist. Gemischt, wie sich das bei Musik wohl nicht vermeiden lässt, sind die Reaktionen.
Bereits gestern war in der SZ zu bestaunen wie unreflektiert Oliver Fuchs das Blumfeld-Release ohne ein Fünkchen Empathie und mit wenigen Worten zu verreiߟen weiߟ. Er fragt sich, wie es dazu kommen konnte, dass die Band heute mit „žkümmerlichem Erkenntnisgewinn“€œ über –Stock und Stein durch Feld und Wiese“€œ wandert. Waren sie seiner Meinung nach doch einst die Polit-Pop-Paten.
Weniger oberflächlich und einsilbig hat sich Jan Wigger vom Spiegel der Veröffentlichung angenommen und ist gelinde gesagt begeistert. Er destilliert seine Höreindrücke tatsächlich zu dem Satz: „€žMan möchte keine einzige Sekunde [..] verpassen.“€œ Abgesehen von der Schönheit des besonderen Blumfeld-Songwritings und ganz im Gegensatz zu Fuchs, entdeckt er selbst in dem Naturlyrischen eine politische Dimension. Er sieht den Sänger und Autor Jochen Distelmeyer ohnehin missverstanden und attestiert dem Musikjournalismus als solchem eine Art Intellektuellenfeindlichkeit. Ganz klar, selten ist der Rezensent derartig beeindruckt.
„Verbotene Früchte“ weiterlesen
Heidi und die Sixpackboys
Wer möchte nicht alles an der Fußballweltmeisterschaft Geld verdienen? Und wie sehr versucht die FIFA (Fédération Internationale de Football Association), also der internationale Fußballbund, das seit Wochen und Monaten juristisch zu unterbinden! Da werden Stadien-Namen abmontiert, die üblichen Mercedes-Busse tragen Hyundai-Logos zur Schau und jeder, der auch nur „WM“ denkt, wähnt sich bereits im Gefängnis. Auch sonst gibt es jede Menge Schikanen, die allerorten nachzulesen waren.
Die Schweiz, genauer gesagt die Landestourismus-Organisation „Schweiz Tourismus„, macht sich unterdessen Sorgen um die Frauen, welche sich von den Männern zur WM-Zeit ganz sicher vernachlässigt fühlen werden. Sie lädt eben jene mit einer weich gezeichneten kitschig-erotischen Werbekampagne in das Land von Heidi und den Alpen.
Die Züricher Werbeagentur Spillmann/Felser/Leo Burnett zeichnet sich für den Spot (siehe unten) verantwortlich und zeigt im Auftrag bewusst nur Klischees ihres Landes. Außerdem gibt es Kommentare zum Spot wie: „Sexy Naturburschen präsentieren die Schweiz und sich selbst von ihrer schönsten Seite“. Na dann –
Ob die deutschen Frauen, wenn sie denn zur Fußball-WM tatsächlich im Landgasthof einquartiert sein werden, noch den deutschen WM-Weinen zusprechen, bleibt gänzlich offen. Den Winzern, die mit einem WM-Umsatzschub rechnen, sei das dennoch von Herzen zu wünschen.
Die Pointe heißt Hartz IV
Evelyn Finger schrieb in der letzten „Zeit“ einen großartigen, wirklich empfehlenswerten Artikel, der eine Brücke zwischen Beckett und der Arbeitsagentur schlug. „Nirgendwo“, so hieß es, sei „das Absurde so aktuell wie auf dem Arbeitsamt [..]“. Nirgendwo?
Die Debatten, die unlängst über die große Arbeitsmarktreform Gerhard Schröders geführt und in den Medien allzu gern übermittelt werden, die unzähligen Vorschläge, welche Besserung verheißen – sie finden kein Ende. Neuerdings soll es also ein Optimierungsgesetz geben, welches dazu führen soll, den Arbeitslosen schneller Angebote unterbreiten zu können. Aber: Welche Angebote? Woher?
Aus der Paradiesvogel-Perspektive, mischt sich allenthalben der Anthroposoph Götz Werner ein, der seit einiger Zeit eine monatliche Pauschalvergütung, „ein bedingungsloses Grundeinkommen ohne Auflagen“ für jede Person i.H.v. 1500 Euro fordert. Dieses möchte er wiederum ausschließlich mit der Mehrwertsteuer (eigtl. Umsatzsteuer) finanzieren. Dass diese dann auf etwa 50% ansteigen, dafür allerdings alle anderen Steuern überflüssig machte, ist dabei nur am Rande und vielleicht im Zusammenhang mit der neuen ZEW-Studie interessant. Werners Aussage: Hartz IV ist Menschenquälerei.
Ganz ehrlich: Ich mag den Mann. Er ist Manager der Drogeriemarktkette dm, Familienvater und hat das seltene Vermögen unabhängig vom Bestehenden zu denken. Dennoch halte ich seine Vorstellungen für derzeit nicht realisierbar.
Bemerkenswert ist aber seine Ehrlichkeit. So sagte er dem Magazin Stern, dass das Klagen seiner Unternehmer-Kollegen nichts anderes als „Lug und Trug“ sei. Zumal Unternehmer indes ohnehin kaum Steuern zahlten. Jede Firma wälze „die komplette Steuerlast auf die Preise ab“. „Die Pointe heißt Hartz IV“ weiterlesen